Freitag, 6. Januar 2012

Wer Liebe schenkt wird nicht ärmer, sondern reicher – Ein pädagogisches Projekt mit Herz


Im Leben begegnet man vielen Menschen, doch einige sind so besonders, dass sie aus der Menge hervorstechen und die man binnen kürzester Zeit ins Herz schließt, einen prägen und die man nie vergessen wird. Ich begegnete so einem Menschen in Ghana.

Kurze Zeit nachdem ich in dem ghanaischen Farmerdorf Nyakrom ankam, wurde ich gefragt, ob ich die Tochter von Mami sei. Als ich diese Frage immer häufiger hörte, entschloss ich mich diese anscheinend besondere Frau aufzusuchen, um die Bedeutung ihres Spitznamens zu ergründen. Ich musste gar nicht lange suchen bis ich zu einem großen Schild kam, an welchem Ottilie Ross Senior High & Vocational School stand und mich ein freundliches Gesicht anstrahlte, mich willkommen hieß und mich kurzer Hand zum Essen und gleichzeitig in ihr Leben einlud.
Die 67-jährige Göttingerin erzählte mir, dass sie bereits seit fast 9 Jahren in Nyakrom lebt. 2003 entschloss sich die gelernte Chemielaborantin, die am Max-Planck-Institut und an der Göttinger Universität in der Mikrobiologie und Hygieneforschung arbeitete, die Frühpensionierung zu beantragen, um hier in Ghana als Individualpädagogin zu arbeiten. Begonnen hat ihre Tätigkeit mit der Zusammenarbeit mit dem deutschen Jugendamt, um schwer erziehbare Jugendliche durch Intensivbetreuung und den kulturellen Austausch wieder auf die richtige Bahn zu bringen. Doch zunehmend stellte sie fest, dass auch die Kinder vor Ort von einer besonderen Fürsorge profitieren würden. Aus diesem Gedanken entstand 2005 die NGO Obronikrom (Zusammenkunft der weißen Menschen), doch mit zunehmender Zeit und des interkulturellen Lernens entwickelte sich ihr Fokus und sie entschloss sich 2008 den Namen in ChiFuLi – Children - Future - Life zu ändern. In diesem Projekt wollte sie den Kindern die Möglichkeit geben, ihre Zukunft zu visionieren und durch die Förderung von Lesen, Schreiben und logischen und praktischen Denk- und Handlungsvorgängen bei den Schülern und Schülerinnen Grundlagen zu festigen und somit Zukunftsperspektiven zu offerieren. Wichtig dabei war ihr durch kreatives Arbeiten selbstständiges und langfristiges Denken auszubauen und durch Liebe und Verständnis ein Exempel zu statuieren, dass Erziehung und Bildung auch ohne physische Sanktionierung möglich ist. Diese Ziele versucht sie durch Einzel- und Förderunterricht in den unterschiedlichen Schulfächern und den zahlreichen Kreativtätigkeiten wie Basteln, Malen, Nadel- und Holzarbeit, aber auch Spiele und Hausaufgabenhilfe zu verwirklichen. Hinzukommend ermöglicht sie, dass der ausschließlich theoretischen ICT-Unterricht (Information-Communication-Technology) – da keine Computer in den Schulen zur Verfügung stehen – auch in der Praxis durchgeführt werden kann. Selbst nach Sonnenuntergang werden die Tore nicht verschlossen, da um diese Zeit auch noch Jugendliche kommen, um zu lesen oder zu lernen, da es in vielen Haushalten kein Licht gibt. Somit ist das ChiFuLi nicht nur Lern- und Zufluchtsort, sondern Tag für Tag, insbesondere beim jährlichen Fire-Side-Kinderfest, ein Raum, in welchem die Kinder und ihre Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen.
Da Ottilie schon bei dem Aufbau des Projekts feststellte, dass die meisten Kinder wenn sie nachmittags zum Unterricht kommen, noch nichts gegessen haben, führte sie eine kostenfreie Verpflegung für alle ein. Finanzieren tut sie dies durch die Investition ihrer gesamten Rente, der Wiedernutzung gebrauchter Materialien und einiger Spenden. Ihr starker Wille und ihr großes Herz haben zu dem Erfolg dieses Kinderprojekts geführt, so dass sie mittlerweile 6 Lehrer beschäftigen kann, die 200 Kinder betreuen. Doch diese Frau steckt so voll Energie, dass aktuell der Ausbau des ChiFuLi’s in vollen Zügen läuft. Es wird ein weiteres Gebäude gebaut, da die Lehrräume derweil nicht mehr ausreichen. Probleme wie ein fehlender Wasser- und Stromanschluss des neuen Hauses, sowie der Diebstahl von Materialien und das nur sehr langsam voranschreitende Baugeschehen lassen sie aber nicht aufgeben, so dass aktuell weitere Ergänzungsprojekte geplant sind. So soll in dem neuen Haus eine Erste Hilfe, Unfall und Malaria Versorgung, sowie eine Hygiene-Gesundheitsberatung aufgebaut werden, da die nächste medizinische Versorgungsmöglichkeit sehr weit entfernt ist. Auch plant sie das Lernprogramm auch im Bereich der Kindergartenfürsorge zu etablieren, da die Kinder die fernab der Stadt leben zumeist keine Betreuungsmöglichkeit erhalten können, sowie die Zusammenarbeit mit dem Youth and Environment Club der Göttinger NGO Schulwälder für Westafrika, um auch in ihrem Projekt dem Umweltschutz zu avancieren.
Für manche wäre dies mehr als eine Lebensaufgabe, aber nicht für Ottilie Ross, weshalb sie neben dem ChiFuLi seit 2005 die Eröffnung einer Berufsschule für Mädchen plant. 2010 nahm dieser Traum durch eine größere Spende dann endlich konkretere Gestalt an und seit Oktober 2011 können 36 Schülerinnen die Ottilie Ross Senior High and Vocational School besuchen, in denen von 10 Lehrern nicht nur die regulären Fächer, sondern auch die Tätigkeit der Köchin, Schneiderin und Friseurin, nach dem Motto Creativity is our Pride (Kreativität ist unser Stolz), unterrichtet werden. Zusätzlich ermöglicht sie den Schülerinnen als erste Berufsschule durch den angebotenen Französischunterricht sich neue Zukunftswege zu erschließen. Momentan sind in dem Startprogramm nur 6 Schülerinnen eingeschrieben, jedoch wächst die Nachfrage und sie hofft bei steigender Schülerzahl den Lehrern mehr als nur den staatlich vorgeschriebenen Gehalt von umgerechnet 25€ pro Monat bezahlen zu können. Mit dieser Berufsschule versucht sie nicht nur jungen Mädchen – auch ohne Schulabschluss – Zukunftsperspektiven zu ermöglichen, sondern auch den Lehrern einen besseren Lebensstandart. Da ihr aber all das Engagement noch zu wenig ist, sind auch hier Projekterweiterungen geplant. So hat sie bereits ein weiteres größeres Stück Land gekauft, um auch Jungen zu einer besseren Lebensaussicht zu verhelfen und die klassischen Berufe des Tischlers und die aufstrebenden Berufe im ICT Bereich, sowie einen Sport- und Freizeitplatz anzubieten.
Die Zeit verging durch dieses interessante Gespräch mit dieser beeindruckenden Frau wie im Fluge und so war die Sonne schon seit vielen Stunden untergegangen und dennoch saßen noch einige Jugendliche gemeinsam mit uns am Tisch. Sie hatten für uns alle das typisch ghanaische Essen Fofu mit Soup gemacht und nachdem wir alle gemeinsam abwuschen, wünschten sie uns eine gute Nacht und verschwanden im Haus. Etwas verwundert fragte ich, ob sie denn bei Ottilie wohnen würden und sie erzählte mir daraufhin, dass sie 10 Kinder aus finanzschwachen Farmerfamilien unterstützt. Sie dürfen nicht nur bei ihr wohnen, sondern sie übernimmt auch die Schul- und Lehrmaterialkosten, was pro Kind ca. 100€ pro Monat sind. Da eine durchschnittliche ghanaische Familie zwischen 3 und 10 Kindern – und manchmal hinzukommend auch Pflegekinder aus der Verwandtschaft – und zumeist nur ein Gesamteinkommen von 250€ hat, ist es den meisten Eltern nicht möglich, ihren Kindern eine gute schulische Ausbildung zu finanzieren.
All dieses Engagement führte meinerseits zu der Frage, warum sie denn all das macht und mit einem freundlichen Lächeln strahlte sie mich an und sagte: „Die Kinder sind unsere Zukunft und nur durch sie kann ein Land zu mehr Selbstbewusstsein und Stärke kommen. In Deutschland wachsen wir sehr privilegiert auf und ich möchte zumindest für einen kleinen Kreis die Chancen ermöglichen, die auch ich erhielt.“
Genau wegen dieser Einstellung nennen sie die Einwohner Nyakroms nicht nur Mami, sondern haben sie durch die Chiefs in die Familie der Blauen Gruppe aufgenommen und sie als Führungsperson der selbigen gewählt. Als ghanaische Queen fungiert sie daher zusätzlich als Ansprechpartner und Sprachrohr für alle Weißen in Nyakrom.
Für mich war es so beeindruckend was eine einzelne Frau binnen 8 Jahre aufbauen kann, dass es mich mit Stolz erfüllt, Ottilie bei ihren Projekten helfen und bis Ende August 2012 bei ihr wohnen zu dürfen. Sie ist innerhalb kürzester Zeit nicht nur ein Vorbild, sondern auch eine sehr gute Freundin und auch meine Mami geworden. Doch je länger ich hier bin, desto mehr merke ich, wie sehr jeder Cent umgedreht werden muss und wie wichtig die Unterstützung durch Spenden ist, um die Zukunft der Projekte und gleichzeitig der Kinder Nyakroms zu sichern.
Da sie eine sehr stolze Frau ist und nicht selbst nach Hilfe fragen würde, versucht sie derzeit eine Nebeneinkunft durch die Vermietung der sehr schönen Gästezimmer aufzubauen, um all denjenigen einen Einblick in die Kinderarbeit vor Ort zu ermöglichen, die Lust auf einen abenteuerlichen Aktivurlaub haben oder einfach nur ein Stück vom Paradies der Menschlichkeit und Natur erleben wollen. Doch da dies aktuell erst anläuft, sind weiterhin Spenden unverzichtbar. Ich hoffe, dass Sie ebenso sehr von der Arbeit dieser Frau beeindruckt sind wie ich und sich vielleicht dazu entschließen durch eine Spende diese besonderen Projekte und das Prinzip des Altruismus zu unterstützen.
Leider ist ihre NGO nur in Ghana staatlich anerkannt, da die Anerkennung in Deutschland 10.000€ kostet und sie dieses Geld lieber den Kindern zukommen lassen will. Wer sich dazu entschließt aktiv zu werden und mitzuhelfen, hat daher zwei Möglichkeiten der Unterstützung: Eine direkte und schnelle auf:
Ottilie Ross
Kontonr:             258 502
BLZ:                       260 615 56 (Volksbank Adelebsen)

oder über eine steuerlich absetzbare Überweisung auf das Spendenkonto der Afrika AG:
Vineyard München e.V.
Kontonr:                             881 560 5
BLZ:                                       700 205 00 (Postbank München)
Verwendungszweck:    Chifuli   

Ich begegnete einem wundervollen Menschen mit Namen Ottilie Ross, die mich lehrte, wie viel man durch Liebe und Engagement erreichen kann und die ich nie wieder vergessen werde.
Kontakt unter:
Email:                   ottilieross@yahoo.de
                               http://www.youtube.com/watch?v=Ph7xs0M78No
Facebook:          ChiFuLi – Children – Future - Life

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