Was bisher geschah…
Bianca machte sich erfolgssicher auf den Weg in den Westen Ghanas. Durchgeschwitzt erreichte sie mit den schön klapprigen Tro-Tro und zwei mutigen Kameraden Takoradi , bis sich plötzlich der fiese VISA-Automat der Ecobank sich ihr in den Weg stellte, der rücksichtslos ihr Geld einbehielt. Doch immer an das Gute glaubend, setzte sie ihr Abenteuer fort, bis sie sich schließlich bei Einbruch der Dunkelheit im Märchen des Ankasa-Nationalparks wiederfand.
Es war dunkel und bereits vor einigen Stunden ließen wir jegliche Geräusche, die auf Menschen hinwiesen, hinter uns. Was nun erklang war nichts weiter als Natur in ihrer Reinform. Die Zikaden schrieen förmlich ruhelos in die Nacht und wurden nur von Fledermaus-, Buschbaby- und Affenrufen noch übertönt. Ich muss gestehen, dass ich zu Beginn nicht richtig einschlafen konnte, das diese unglaubliche Geräuschkulisse für den westlichen Städtler noch fremd und dadurch manchmal etwas beunruhigend wirkte.
Am nächsten Morgen ging es dann los. Wir trafen uns mit dem Ranger und beschlossen uns die Bambus-Kathedrale anzuschauen, weshalb wir die fast 10 km Fussmarsch durch den Nationalpark gleich in Angriff nahmen. Die hiesige Flora und die urigen Wege waren schon eine beeindruckende Sache für sich, doch konnten sie bei weitem nicht an das Naturschauspiel herankommen, was uns mitten in diesem Park erwartete. Riesige, vereinzelte Bambusgruppen erstreckten sich wie ein architektonisch perfektes Kathedralengewölbe über unsere Köpfe und ein kleiner, glasklarer Fluss durchzog diese Szenerie. Als dann noch einzelne gut sichtbare Sonnenstrahlen durch die Bambusstangen fielen, war mir klar, dass ich mich in diesem Moment an einen der majestätischen Orte dieser Welt befand.
Durchgeschwitzt erreichten wir dann nach 18 km wieder den Parkeingang und nahmen das Angebot, ein Bad in einem Flussstrom zu machen dankend an. Ein unglaublicher Abschluss, bevor wir unsere Reise fortsetzen wollten, denn auch hier, hatte Gott die Welt geküsst. So ließen wir das kalte Wasser unseren Körper umspühlen und sammelten neue Kräfte für das, was uns noch erwarten sollte.
Auf ging es nun nach Beyin, ein winzig kleines Nest an der Westküste Ghanas. Allein der Weg dorthin war die Reise schon wert, denn wir holperten über Lehmpisten, dem Meer entlang und sahen, wie sich nicht nur die Landschaft, sondern auch das Leben der Menschen im Vergleich zu der Gegend in der ich nun wohne, veränderte. Mal wieder war es kurz vor Einbruch der Dunkelheit, als wir endlich unsere Tagesetappe erreichten und wie der Zufall es so wollte, trafen wir einen jungen, netten Mann, der zwei Zimmer vermietete. Wir wollten einfach nur irgendwo unterkommen, aber was uns dort erwartete… damit hätten wir nicht gerechnet. Zuerst erstreckte sich in unserem Sichtfeld ein endloser, wunderschöner Strand, der durch seine besondere Lage sogar ausgezeichnet zum Baden geeignet war und dann, 4 Meter vom Wasser entfernt, ein kleines Bambus-Häuschen auf Stelzen. Ich kam mir vor wie in dem Film „The Beach“, nur dass ich zu meinem Glück keinen Leo oder eine Sekten ähnliche Gemeinschaft brauchte. Also rein ins Wasser und genießen. Der Abend hatte aber noch eine riesige Überraschung für uns geplant. Man muss sich vorstellen, ein kleines verlassenes Dörfchen in dem der Hund, trotz der tropischen Temperaturen, erfroren war, 3 Mädels, die sich ausgehungert schon mit dem Gedanken abgefunden haben, wieder Banku und Stew aus Tüten am Straßenrand zu essen, stehen plötzlich vor einem wunderschönen, gemütlichen, richtigen spanischen Restaurant. War es eine Fata Morgana, da wir zu lange der Sonne ausgesetzt waren? Kann das wirklich sein, vor allem, da man ein so gut gearbeitetes Restaurant nur seltenst in der Accra findet, wieso dann mitten im Nirgendwo? Aber tatsächlich, die Bänke ließen sich anfassen, die Leute hinter der passiv beleuchteten Theke sprachen mit uns und nachdem wir uns nochmals die Augen rieben und feststellten, dass wir alle den gleichen Traum hatten, entschlossen wir ihn gemeinsam zu genießen. Bei gedämpfter Musik wurde ein Martini getrunken, die zuvorkommende, freundliche Bedienung reichte uns gesalzenes Popcorn zum snacken und wir schlemmten Tapas, Kartoffeln mit Aioli und andere Köstlichkeiten. Hätte dieser Tag noch besser sein können?
Am nächsten Morgen arbeiteten Jessica und ich dann den nächsten Punkt auf unserer Want-to-see-Liste ab: Nuzulezu – ein Stelzendorf mitten im See. Vor 600 Jahren während eines Krieges entschlossen sich einige Menschen, den pazifistischen Weg einzuschlagen und um nicht mehr gefunden zu werden, wählten sie diesen schwer zu erreichenden Ort als neue Heimat. Es war schon echt beeindruckend und gleichzeitig kaum vorstellbar, wie hier das Leben sich auf den Holzbrettern gestaltete. Doch da bekanntlich nur der rostet, der auch rastet, machten wir uns weiter. Abendziel war die Green Turtle Lodge bei Dixcouve. Mal wieder in der Dunkelheit, erreichten wir New Akwidaa, von wo aus wir noch 3 km den Strand entlang laufen mussten. Ein netter Ghanaer, der mit uns im selben Tro-Tro saß, begleitete uns, da er besorgt war, uns könne etwas passieren. Die Lodge ist ein Pilgerpunkt für Ökotouristen und einfach bezaubernd. Diesmal wählten wir das Zelten am Strand – man kann der Natur nicht nahe genug sein. Nachts, als wir tief schliefen und Dagmar ruhelos am Strand entlang spazierte sah sie sogar eine Riesenschildkröte, denn diese legen im Dezember/Januar ihre Eier an den Stränden Ghanas ab.
Jetzt war es Montag und ich musste mich wieder auf den Heimweg machen. So liefen wir wieder nach New Akwidaa, um von dort ein Tro-Tro zur Angona Junction zu bekommen. Erst jetzt sahen wir, was den Abend zuvor die Dunkelheit als ihr Geheimnis noch versuchte zu verschleiern. Entlang des wunderschönen Strandes lagen ein paar traditionelle Einbaumboote vor Anker und als wir einige Meter weiter gingen, erstreckte sich eine riesige Lagune vor uns, die als natürlicher Hafen genutzt wurde. Alles sah so friedlich aus und es schien, als wäre hier alles im Einklang. Leider musste der Weg fortgesetzt werden und da leider weit und breit kein Tro-Tro in Sichtweite war, schnackte ich kurz mit einem LKW-Fahrer, der zufällig auch zur Junction wollte und der uns gemeinsam mit anderen Ghanaern auf der Pick-up Ladefläche mitnahm. Es war schon sehr lustig, vor allem die Reaktionen der Bewohner der verschiedenen Dörfer, die wir passierten, jedoch unterschätzten wir den Schmerz, der durch die Flugphase auf den holprigen „Wegen“ und den Aufprall auf das bloße Metall auf unsere Gesäße wirkte.
Es war ein wunderschönes Wochenende, doch ich freute mich auch schon wieder nach Hause zu kommen. Also verabschiedeten wir uns alle und ich begann wieder meine viel-stündige Fahrt in die Central Region. Abenteuerlich begann das Wochenende und ebenso endete es auch, denn meine Reise wurde um 1,5 Stunden verzögert, da wir mitten im Nirgendwo kein Benzin mehr hatten. Mal wieder war es schon dunkel. Es ist hier nicht die Frage ob man ankommt, sondern wann, jedoch habe ich mich daran in den letzten 5 Monaten schon gewöhnt, obwohl ich dennoch strahlte, als ich endlich vor dem Eingangstor meines Zuhauses stand.