Sonntag, 28. August 2011

Accra und Cape Coast


Ich liege gerade ziemlich erledigt unter meinem Moskitonetz in meinem vertrauten Bettchen. Das war die letzten Tage nicht so, da ich mich dazu entschloss, ein wenig das Land zu erkunden. Da Thibaut, mein französischer, ehemaliger Gastbruder auch gerade in Ghana ist, haben wir beschlossen uns mal zu treffen. Meetingpoint war sein derzeitiger Wohnort Accra. Also machte ich mich Freitag früh auf den Weg.

Zuerst musste ich nach Swedru (ca. 20 Minuten Autofahrt entfernt), da von dort die ganzen Trotros fahren. Dort angekommen stieß ich auf das erste Problem: Welcher dieser Kleinbusse, die scheinbar unkoordiniert sich zu Hauf an einer Tankstelle sammeln, geht nach Accra? Da die Ghanaer aber wahnsinnig hilfsbereit sind, beraten sie dich wo sie nur können. Ich stand also nur 30 Sekunden planlos-schauend dort und schon wurde ich gefragt, wo ich denn hin will. Ein wenig gedulden und schon kam das nächste. Die öffentlichen Verkehrsmittel funktionieren nämlich hier ein bisschen anders als in Deutschland. Man geht einfach zu dem entsprechenden Fahrzeugsammelpunkt, je nachdem in welche Richtung man reisen will, und steigt in eines der gerade vorhandenen Trotros ein. Wenn es voll ist wird losgefahren. Wenn wieder jemand ausgestiegen ist, dann sorgt der sogenannte Nate der auch mitfährt, durch lautes Rufen während der Fahrt dafür, dass alle wissen, wo es hingeht und man kann je nach Belieben einfach auf der Straße hinzu steigen. Da so die Strecke tagtäglich permanent und immer wieder gefahren wird, weisen die Autos euphemistisch ausgedrückt diverse Verschleißerscheinungen auf. Da sie aber mit 2,5 Cedi (1,25€) sehr günstig sind und verlässlich, nimmt man das sehr gern in Kauf :-)

In Accra habe ich dann im Hostel Salvation Army geschlafen. Ich ging nichts erwartend in das 10-Bett-Zimmer und dann… kam Richard. Er war bereits im Zimmer und begrüßte mich mit einem taffen „Hey“. Richard, wie sich herausstellte, ist Australier, der seit 10 Monaten den Kontinent Afrika bereist. Da wir uns beide auf Anhieb super verstanden, sind wir zunächst einen Kaffee trinken gegangen und später stießen dann Thibaut und zwei Deutsche, die gerade ein Praktikum im Bereich Mikrofinanzen machen, zu uns. Er hatte wirklich super Geschichten über die Orte an denen er schon gewesen ist und die Leute, die er auf seiner Reise traf. Nach einem Club Bier fokussierte sich unser Gesprächsinhalt auch auf philosophische Inhalte. Ein Treffen der lebensbereichernden Art :-)

Da in der Nacht 3 vollkommen betrunkene Engländerinnen auch in unserer Bleibe schliefen oder besser sich nur dort einfanden, kam mein Schlaf etwas zu kurz und ich war Samstag früh ziemlich gerädert. Denn den Mädels fiel um 4 Uhr morgens nichts besseres ein, als ein Witz über Chicken nach den anderen zu machen und sich über ihren nicht erkennbaren Humor, direkt vor meiner Zimmertür in Tinitus-Lautstärke, lustig zu machen und zu lachen oder besser zu schreien. Als das Chicken-Spektakel endlich ein Ende fand, haben sie noch eine weitere Stunde gesungen und nichts konnte sie davon abbringen. Man könnte meinen, dass endlich der ersehnte Schlaf kam: Nein. Halb sieben stand eine Grundschulklasse, die scheinbar auch im Hostel schlief, auf dem Innenhof, also praktisch wieder vor der Zimmertür. Schlaf = zu Ende. 

Carpe diem dachte ich mir und begann den Tag ganz gemütlich. Nach einer schönen kalten Dusche ging ich mit Richard frühstücken. Bei einem grandiosen Smoothie machten wir direkt da weiter, wo wir abends endeten: Philosophie. Was ist Sprache, was bedeuten Namen, was ist Identität, etc. Eigentlich wollte ich mich frühestmöglich ins nächste Trotro setzen und weiter nach Cape Coast fahren, um dort wieder Thibaut (der bereits um 7 losfuhr) und 2 Französinnen zu treffen. Da die Gespräche aber so vereinnahmend waren, saßen wir nach bis mittags und ich erreichte das Tagesziel erst gegen 16 Uhr. 

Als Alleinreisende und vor allem als Mädchen ist es gar nicht so leicht schnell von A nach B zu kommen. Jeder will einem helfen, ihn einladen und sich unterhalten. Für eine ca. 15 minütige Strecke zu Fuß brauchte ich fast 3 Stunden, bis ich endlich zu den andern stieß. Während dieser Zeit habe ich aber super viele spannende Dinge erlebt. Es begann alles mit: “Hey, how are you? What do you looking for?....” Letzten Endes wurde mir dann die halbe Familie vorgestellt, ich wurde mit zu Freunden in ein Spot genommen, ein Palmenwein und Mandingo wurden mir ausgegeben, man unterhielt sich über Ghana und Deutschland, und und und. Ich habe mich gefragt: Warum machen wir das nicht auch in Deutschland? Das Leben wäre so viel angenehmer! 

Abends saßen wir noch mit ein paar anderen Leuten in einer Tanzbar und plauderten bis eine weitere spannende Nacht begann, in der ich wieder nicht schlief. Wieder ca. um 4 Uhr ertönte ein extrem lautes Geräusch. Zunächst dachte ich, es sei eine Kirchenglocke. Als diese aber nach 20 Minuten immer noch nicht verstummte war ich mir fast sicher: Es brennt und das Hostel muss evakuiert werden. Nichts geschah, nach insgesamt ner halben Stunde war das Geräusch verschwunden und mir war es auch ziemlich egal, wo es her kam. Der Schlaf dauerte aber nicht sehr lange, da wir an einem Festtagswochenende in Cape waren und ein Umzug bereits mit Pauken, Trompeten und Gesängen um 7 Uhr die Straße am Hostel passierte. Naja, Morgenstund hat Gold im Mund! So hatten wir mehr Zeit die Sklavenburg von Cape zu besichtigen und uns in den dunklen Gemäuern am eigenen Leib von der Unmenschlichkeit der damaligen Zeit zu überzeugen. Danach ging es wieder Heim und jetzt liege ich hier.

Eines will ich aber noch ganz stark betonen. Ich bin dankbar über all die freundlichen Menschen, die ich hier treffe. Sie nehmen einen immer im wahrsten Sinne des Wortes an die Hand und zeigen einen alles. Ohne sie würd ich das ein oder andere Mal wahrscheinlich Stunden im Kreis gehen oder mich gar nicht zu Recht finden. Alles was ich hier schreibe ist lediglich eine Single Story und zwar meine. Jeder kann etwas anderes erleben und ich will mit meinen Worten bestimmt keine Stereotypen bestätigen oder falsche Eindrücke vermitteln, ich will euch lediglich an meinen ganz persönlichen Erfahrungen, vielleicht auch manchmal auf eine lustige Schreibweise, teilhaben lassen. Das sollte auf diesem Blog nie vergessen werden!
Bis zur nächsten kleinen Single Story!  

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