Freitag, 2. September 2011

Ihr Name ist Ottilie

Der Tag von dem ich berichten will, begann nicht sehr außergewöhnlich, außer, dass ich unglaublich müde war, da ich die Nacht nicht schlafen konnte. Daher kenne ich jetzt die ghanaischen Schafe mit Namen und ihren persönlichen Daten, sowie die Anzahl der kleinen Löcher meines Moskitonetzes. Tagsüber wurde dann das ein oder andere gelesen und ich versuchte mich ein wenig in Twi. Erst der späte Nachmittag bzw. Abend wurde dann richtig interessant.

Nach einer Hitzewelle, die überraschend Nyakrom gegen die Mittagszeit erreichte, gingen Robin und ich in die Stadt, mit dem Ziel eine Frau namens Ottilie zu treffen. Sie ist eine deutsche Rentnerin, die seit 8 Jahren hier in Nyakrom, jedoch abseits der Stadt lebt. Mit Hilfe ihrer kleinen Rente baut sie hier ein Projekt für die Kinder nach dem anderen auf. Begonnen hat alles mit einem Projekt der deutschen Regierung für schwer erziehbare Jugendliche, was zwar erfolgreich war, dessen Förderung jedoch eingestellt wurde. Sie arbeitete früher im Max Planck Institut und sagte mir, sie habe sich dazu entschlossen nach Ghana zu gehen, um irgendetwas Sinnvolles in ihrem Leben zu machen. Zwar halte ich ihre da vorige Tätigkeit für sehr wichtig, jedoch muss ich zugeben, dass ihre nachhaltigen Projekte hier wirklich etwas bewegen: etwas, dass man sehen, anfassen und erleben kann.

Nachdem das Projekt für die schwer erziehbaren Jungendlichen eingestellt wurde, suchte sie nach weiteren Möglichkeiten etwas in ihrem Umfeld zu leisten. Sie mietete ein großes Grundstück mit zwei Gebäudekomplexen am Nyakromer Stadtrand, und verwandelte diese Fläche in ein wahres Paradies. In dem einen Gebäude befinden sich nun ein Klassenzimmer und mehrere Schlafräume, in denen sie Kinder bzw. Jugendliche wohnen lässt. Das andere Haus ist ihre Wohnfläche, wobei diese auch von allen anderen genutzt wird und ringsherum ist sehr viel wunderschön gepflegter Garten. Da das ghanaische Schulsystem nicht so etwas wie Arbeitsgemeinschaften kennt und die jüngeren Schüler mit der Schule gegen Mittag fertig sind, wollte sie gerne einen kreativen und praktischen Raum schaffen, in denen die Kinder Hobbys entdecken, künstlerisch und sportlich tätig sein oder einfach mal nur Kind sein und ausgelassen im Garten rumtoben können. Da ihr auffiel, dass viele der Kinder, wenn sie bei ihr ankamen, den Tag immer noch nichts gegessen hatten, versorgt sie auch vor Beginn eines jeden Nachmittags ihre Sprösslinge (pro Woche ca. 300) mit einer ordentlichen Mahlzeit.

Als ich sie traf werkelte sie gerade in einem ihrer neuen Projekte. Selbstbewusst und taff erzählte sie von einer Berufsschule für Mädchen, die gerade entsteht. Darüber hinaus sind gerade zwei weitere große Gebäudekomplexe auf einem weiteren Grundstück in Bau, in denen eine Civoleé Schule entstehen soll. Sie hat zwar mittlerweile Unterstützung bekommen, doch generell managet und finanziert sie alles selbst. Ihr einziger Wunsch gilt der Nachhaltigkeit der Projekte und ihr Fortbestand, wenn sie sich mal nicht mehr um sie kümmern kann.

Wenn wir jetzt öfter abends gemeinsam im Garten sitzen erzählt sie mir von dem langen und sowohl schönen, als auch schweren Weg, den sie bereits gegangen ist, denn nicht immer war es leicht, den nötigen Respekt und die erforderliche Anerkennung zu bekommen oder gegen aufkommende Hürden und in den Weg gelegte Steine anzukommen. Doch trotz gelegentlicher Bedenken ist sie dennoch froh, diesen Weg gegangen zu sein und hier mit den Kindern in einem kleinen geschaffenen Paradies zu leben.

Ab den ersten Moment unserer Begegnung war ich von ihr als Person begeistert und von ihrer Stärke beeindruckt. Es ist wunderschön zu sehen, dass es Menschen gibt, die für andere einstehen und sich dafür selber zurück nehmen. Ich hab die Ehre, ihr jetzt auch helfen zu können. Zwar ist es nicht die NGO für die ich hier arbeiten soll, aber der Tag hat genug Stunden, um beides unter einem Hut zu bekommen. Mein erster Schritt ist nun nachmittags in einer AG und wenn die Berufsschule öffnet  auch in ihr Französisch zu unterrichten. Ich freu mich schon sehr darauf: Es ist eine Chance zu lernen!

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