Mittwoch, 2. November 2011

Besuch aus Deutschland


Wow, das Leben kann so schön sein und dies vor allem im Urlaub! Vor mehr als zwei Woche war ich mal wieder in Accra, aber diesmal hatte meine Anreise einen etwas anderen Hintergrund, der auch dazu führte, dass ich mich am Freitag, den 14.Oktober 2011 um 21.45 Uhr am Flughafen meiner neuen Hauptstadt einfand. Schon relativ nervös wartete ich geschniegelt und gestriegelt und besonders hübsch gemacht in der Empfangshalle, um einen ganz besonderen Menschen hier in Ghana willkommen zu heißen.
Wie das so im Leben ist, nutzt einen der beste Plan nichts, denn das Leben kommt anders als man denkt. So geschah es auch, dass man sich ganz kurz vor einem einjährigen Auslandsaufenthalt verliebte und nun auf unterschiedlichen Kontinenten lebt. Doch um die 12 Monate nicht all zu lang werden zu lassen, hat der Oliver sein Mädchen besucht, um mit ihr das fremde, ferne Land zu entdecken.
Nachdem wir einige Tage in Accra verbrachten, ging es dann endlich mit dem Trotro los gen Central Region, sprich meine Heimat. Die Fahrt war glaube ich der erste große Kulturschock für ihn. Nicht nur, dass wir mit zwei großen Rucksäcken in einem 40 Menschen Trotro eingepfercht waren, sondern zu allem Überfluss war der Fahrer des Sammeltaxis von Swedru nach Nyakrom lebensmüde und bretterte mit gefühlten 250 km/h durch metertiefe Schlaglöcher. Naja, der erste Eindruck war dann wohl nicht der beste. Aber egal, davon lassen wir uns ja nicht den Tag vermiesen. Wir waren also endlich bei mir zu Hause und ich konnte ihm einige für mich wichtig gewordene Menschen vorstellen und ihm zeigen, wie sich hier mein Leben gestaltet. Da ich aber noch viel mit ihm vor hatte, blieben wir nur einen Tag und unsere Reise sollte uns, nach nervenaufreibendem Drängeln meiner besseren Hälfte, nun ans Meer führen.
Der erste Stop war Cape Coast. Da leider mein Lieblings Guesthouse gerade neu gemacht wird, mussten wir wo anders schlafen. Die Baracke hieß Samos und nicht die Tatsache, dass wir die ganze Zeit kein Wasser hatten, dass die Toilettentür nicht zu ging und die Türverriegelung fragwürdig erschien, sondern schlechthin, dass es einfach endlos keimig war, veranlasste uns dazu so früh wie möglich wieder dort abzureisen. Nach einem gechillten Vormittag im Oasis machten wir uns dann weiter: aber natürlich small, small. Wir kamen gerade mal kurz hinter Elmina und entdeckten einen wunderschönen, fast einsamen Strand für uns: Brenu Beach. Oliver hat hier sehr viele Dinge über sich lernen können: zum einen, dass ein kalkweißer Junge die ghanaische Mittagssonne ohne Sonnencreme nicht so gut verträgt, wie viel Haut man durch einen Sonnenbrand verlieren kann, dass er es schafft 3 Mal am Tag Lobster zu essen (er hätte es wahrscheinlich auch 9 Mal geschafft ;-) ) und dass man eine Kamera auch nach 4 Tagen wieder bekommen kann, wenn man sie im Sand hat liegen lassen. Da dieses Fleckchen Erde so schön war, der Hummer so gut schmeckte und wir warten wollten, bis Oliver nicht mehr selbst wie ein gekochter Hummer aussah, blieben wir einen weiteren Tag dort. 



Da ich aber bewaffnet mit dem Reiseführer am Pläne schmieden war, ging es dann auch gleich weiter nach Takoradi. Die Unterkunft war mal wieder ein Abenteuer, denn zunächst dachten wir noch, dass das Wasser auf dem Boden vom Wischen kam. Als wir uns aber nach einigen Stunden in einem Meer befanden, stellte sich heraus, dass es nicht eine eifrige Putzfrau war, sondern eine fehlerhafte Aircondition. Zum Schlafen reichte es und in mir wuchs immer mehr die Idee eine witzige Unterkunftskritik über jeden Schlafplatz an dem ich bin zu schreiben. Hier erlebt man immer so viele witzige Dinge, ich denke das wär bestimmt schön zum Lesen :-D Ich werde die Idee verfolgen!
Dann ging es mit dem Trotro weiter nach Axim, denn wir wollten nach Ankobra Beach. Also was soll man über dieses Erlebnis schreiben: Sagen wir es war speziell, denn irgendwie kamen wir auf die Idee zu laufen. Kurz bevor irgendetwas das man als Straßenähnlich bezeichnen konnte aufhörte, erspähten wir noch einen riesen großen, aufgemotzten neuen Porsche Turbo und dann ging es eine Felswand herab. Komisch kam uns das schon vor, aber naja… der Weg bzw. die Hinweise der Einwohner führten uns durch ein ziemlich ärmliches und dreckiges Fischerviertel und dann plötzlich ein Bach aus Dreck, Abwasser, Müll und die Brücke die da drüber führte kaputt. Oh man, hier höre ich besser auf… Ende der Geschichte, wir mussten wieder da hin wo wir her kamen um ein Taxi zu nehmen und haben uns gleich nach der Ankunft gründlich desinfiziert. Kurze Zeit danach saßen wir an diesem touristischen Strand und haben einen wunderschönen Bungalow gehabt. Als wir dort saßen, konnten wir genau sehen wo wir her kamen. Zwei Welten neben einander, doch die in der wir gerade ein Bier trinkend saßen war die surreale, die nichts mit jener der meisten ghanaischen Bevölkerung zu tun hat, bis auf dasselbe Wasser, das an den Strand gespült wird. Soviele Paradoxa und Gegensätze auf so engen Raum.
Nach diesem Erlebnis konnte ich leider Oliver nicht mehr so ganz von einer Weiterreise in den unerschlossenen Teil Ghanas überzeugen. Also machten wir uns noch ein paar wunderschöne Tage am Meer und in Accra, bevor es wieder hieß Lebewohl. Den ganzen Freitag war mir schon spei übel und als wir dann am Flughafen waren, rollten die Tränen dann auch schon wie Sturzbäche. 9,5 Monate bis zum Wiedersehen – eine lange Zeit, doch ich bin mir sicher, dass sich das warten lohnt 



Meist kommt das Leben anders als man denkt (Artikel der Thüringer Allgemeine)




Ich lebe jetzt schon zwei Monate hier in Ghana. Ein Land, welches auf seine eigene Art und Weise faszinierend und schön ist und welches mich durch seine Besonderheiten immer wieder aufs Neue in seinen Bann zieht. Vorbei ist nun die Eingewöhnungsphase und begonnen hat mein Arbeitsleben.
Als am 16. August 2011 meine Füße das erste Mal den ghanaischen Boden betraten und ich nach Nyakrom, meinen neuen Wohnort, fuhr, war ich voll und ganz auf die Arbeit in einem Umweltprojekt eingestellt. Doch wie das Leben so manchmal spielt, kam es anders als gedacht. Da nicht genügend Gelder zur Verfügung stehen, können geplante Projekte nicht umgesetzt werden. Da Zusammenarbeit jedoch an vielen Stellen sinnvoll erscheint und ich hier her gekommen bin, um meinen Erfahrungshorizont zu erweitern, haben wir gemeinsam im Youth an Environment Club beschlossen, dass ich zunächst in einer Schule unterrichten werde, da mein abgeschlossenes Lehramtsstudium eine gute Voraussetzung für einen interkulturellen Unterricht bietet.
So kam es, dass ich mich am 12. September 2011 auf dem Schulgelände der A.D.A Primary and Junior High School einfand, um Französisch und Creative Arts zu unterrichten. Eine Fächerkombination, die selbst noch heute für mich kaum vorstellbar ist. Wie jeder Tag begann auch dieser mit einer Vollversammlung, bei welcher die Schüler in Reih und Glied stehen, um zu Trommeln die Nationalhymne zu singen und anschließend gemeinsam zu beten. Im Zuge dieses zeremonielle Zusammentreffen hatte ich auch die Möglichkeit mich allen vorzustellen und zu meiner großen Freude, konnte ich in viele lächelnde Gesichter schauen, als sie erfuhren, dass nun für ein Jahr eine Oburoni – weiße Frau – an der Schule sein wird. Mittlerweile habe ich sogar das Vergnügen, an vier verschiedenen Schulen unterrichten zu dürfen.
Ich liebe es hier zu sein, jedoch wird mir jeden Tag bewusster, wie privilegiert ich in Deutschland aufgewachsen bin. Die Klassenzimmer, in denen ich unterrichtet wurde, waren gut ausgestattet und abgesehen von dem klasseneigenen Geräuschpegel, gab es so gut wie keine akustischen Störungen. Hier sieht das Schulgebäude etwas anders aus. Es ist ein von Wellblech überdachtes Gelände, in denen Holzbänke stehen und in dem die Klassen nur durch die Tafel von einander getrennt werden. Auch die Schülerzahl stellt eine große Herausforderung da. Während in Deutschland eine Klasse mit 28 Kindern bzw. Jugendlichen schon als zu groß gilt, sind in den ghanaischen Schulen 40 Schüler zumeist das Minimum. In meinen Klassen sind in der Regel 50 Schülerinnen und Schüler, jedoch habe ich auch einige Mädchen und Jungen kennengelernt, die in den letzten Jahren gemeinsam mit 140 anderen Schülern unterrichtet wurden. Wie dies möglich ist, frage ich mich jedesmal, wenn ich wieder damit beschäftigt bin, dass mir alle zuhören bzw. auf ihren Platz sitzen bleiben sollen.
Es gibt aber noch andere große Herausforderungen im Schulalltag. Zum einen das Unterrichten an sich, da dieses auf Englisch erfolgt. Das Problem ist nicht unbedingt, dass ich diese Sprache so wenig beherrsche, sondern dass die Muttersprache hier in diesem Gebiet Fanti ist und Englisch nur die Amtssprache, die man erst in der Schule lernt. Da ich aber ab der dritten Klasse aufwärts unterrichte, ist es äußerst schwierig es zu schaffen, dass die Schüler verstehen, was ich von ihnen will, insbesondere da ich einen vollkommen anderen englischen Akzent habe, was mir vor allem zu Beginn meines Aufenthalts selber enorme Verständnisprobleme bereitete. Momentan herrscht in meinem Kopf manchmal ein ziemliches Durcheinander, da ich deutsch denke bzw. mich auch in meiner Muttersprache mit Robin, einem anderen Freiwilligen, unterhalte, auf englisch die französische Sprache unterrichte und versuche nebenbei Fanti und Twi zu lerne.
Selbst das Normalste der Welt ist hier für mich manchmal problematisch, da es weder Strom und Wasser, noch sanitäre Anlagen auf dem Schulgelände gibt. So heißt es zumeist für mich: „Denke erst nach, was du demnächst machst, bevor du trinkst oder isst.“
Die größte Herausforderung für mich sind jedoch einige Facetten des Schulsystems. Wie bereits erwähnt, ist es nicht leicht, so große Klassen zu unterrichten, weshalb manchmal auf, für mich nur aus der Vergangenheit bekannte Sanktionsmaßnahmen, zurückgegriffen wird. Das ist die schwerste Frage überhaupt, wie soll man als Gast in einem fremden Land auf so etwas reagieren, ohne die Autorität des anderen zu verletzen oder als belehrend zu wirken.
Aber Ghana ist ein aufstrebendes Land und man merkt zunehmend einen neuen Wind, der immer stärker die Segel eines stolzen Schiffes bläht. Junge Lehrer mit Träumen und Ideen, die weg wollen, vom bloßen auswendig lernen und zur Selbstständigkeit und Praxisbezogenheit streben. Wie so oft fehlt es nur leider zumeist an Mitteln und Geldern.
Falls Sie einen kleinen Beitrag zur Unterstützung der Arbeit hier in Nyakrom leisten wollen, würde ich mich sehr freuen, genauso über das Lesen meines Blogs.
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